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Donnerstag, 25. November 2010

Sonst noch Wünsche, Frau Präsidentin?

Es ist erstaunlich, dass es nach Jahrzehnten journalistischer Politikbeobachtung immer noch Ereignisse gibt, die mich in Erstaunen versetzen können. Heute hatte ich wieder einmal Grund zu solcher Verblüffung.
Es war eine Meldung in den Radionachrichten, die mich in meinem Verdacht bestätigte, dass viele Angehörige der politischen Kaste bereits völlig die Bodenhaftung verloren haben: Parlamentspräsidentin Barbara Prammer ärgerte sich im Interview über die Tatsache, dass Polizeibeamte im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Hohen Haus einige Parlamentsabgeordnete zu einer ungenannten Causa befragt hätten. Das sei unzulässig, es gefährde die Trennung von Legislative und Exekutive. So weit, so gut! Doch die Konsequenz, die Frau Präsidentin daraus zog, ist ein Skandal:
Barbara Prammer fordert, eine eigene Parlamentspolizei solle aufgestellt werden - so wie Deutschland eine habe.
Wo lebt die Dame? Glaubt sie, das Geld sei abgeschafft worden?
Um die explodierenden Staatsausgaben einigermaßen in den Griff zu bekommen, hat die Regierung soeben ein striktes Sparprogramm beschlossen - was freilich in Wahrheit noch schamloseres Aussackeln der Bürger bedeutet. Und ausgerechnet da will die Parlamentspräsidentin aus rein formalen Gründen noch zusätzliche Beamten-Dienstposten erfinden. Das darf ja wohl nicht wahr sein!
Wenn Frau Prammer aus nachvollziehbaren Gründen keine "hausfremden" Polizisten im Parlament dulden will, gäbe es eine ungleich billigere Alternative: Die Bundespolizisten und die zu befragenden Abgeordneten könnten sich ja miteinander gegenüber im Café Landtmann ins Extrazimmer setzen.

Die Schmied und nicht der Schmiedl

Die neue Pisa-Studie ist zwar noch nicht veröffentlicht worden, aber schon jetzt weiß jeder, der es wissen will, was drin steht: Ein erschreckend hoher - und steigender - Prozentsatz der österreichischen Pflichtschulabsolventen kann nicht sinnerfassend lesen. Fünfzehnjährige als praktizierende Analphabeten!
Dass die politischen Gegner da nicht gleich reihenweise über die ressortverantwortliche Claudia Schmied herfallen, hat vor allem einen Grund: Rechenbegabte ÖVP-Politiker müssen sich die Kritik verkneifen, denn 15 minus 8 ist Gehrer!
Die Unterrichtsministerin in der schwarz-blauen Koalitionsregierung hat ja auch sonst nachhaltige Spuren ihres Wirkens im österreichischen Bildungswesen hinterlassen. Positive sind mir allerdings keine in Erinnerung.
Dafür ist Claudia Schmied an einer anderen Front ins Visier der "schwarzen Reichshälfte" - die allerdings nach neuesten Meinungsumfragen schon fast auf ein "Reichsviertel" geschrumpft ist - geraten. Sie will ja gegen den Willen der schwarz dominierten Lehrergewerkschaft Österreichs Schulwesen an internationale Standards heranführen. Dabei ignoriert sie völlig die Tatsache, dass die Schulen für die Lehrer und nicht etwa für die Schüler gemacht sind.
Jetzt droht der wackeren Ministerin neues Ungemach: Mächtige schwarze Landesfürsten wollen die Personalhoheit der bisherigen Bundesschulen an sich reißen. Damit's klar ist: Zahlen darf schon weiterhin der Bund!
So lebt sich's angenehm mit dem Föderalismus. So können Schwarz und Rot weiterhin ihre Pfründen auf Steuerzahlers Kosten genießen und ihre Macht zementieren. Die Weichscheiberpartie an der Spitze der Bundesregierung scheint weder willens noch in der Lage, diesen permanenten Griff in die Taschen unserer Kinder zu beenden.
Ich hätte an die Adresse der Reformblockierer auf den Landeshauptmann-Sesseln einen anderen Vorschlag statt der "Verländerung" der Lehrer und ihrer Schulen: In Umkehrung des Sprichwortes "Wer zahlt, schafft an" sollte, wer anschafft, künftig auch selber zahlen!

Samstag, 13. November 2010

Verantwortung privatisieren?

Eines der reichsten Länder der Erde kürzt die Entwicklungshilfe um ein sattes Drittel. Damit nimmt es achselzuckend in Kauf, dass deshalb in den ärmsten Ländern dieses Planeten tausende Kinder sterben werden. Selber schuld, wären sie halt woanders auf die Welt gekommen!
Der Außenminister dieses reichen Landes, dessen Staatsbürger zu sein ich mich in letzter Zeit immer öfter schämen musste, Michael Spindelegger, nannte auch den Grund für Österreichs künftig noch verstärkte Knausrigkeit bei der Entwicklungszusammenarbeit: Wir müssen sparen. Überall im Budget gäbe es eben Kürzungen.
Nun ist mir freilich kein einziges Ressort bekannt, wo die Kürzungen auch nur annähernd so drastisch ausgefallen wären, wie gerade bei der Entwicklungshilfe. Die Gefahr, dass nackte afrikanische Kinder mit vor Hunger geschwollenen Bäuchen auf dem Ballhausplatz demonstrieren, hält sich ja auch wirklich in Grenzen. Und bei der UNO, wo Österreich schon bisher mit seinen Taten den Versprechungen gewaltig hinterherhinkte, ist man Kummer gewöhnt. Die tatsächlich überwiesenen Hilfsgelder der Geber-Länder sind üblicherweise nur ein Bruchteil jener Summen, die die Staatsmänner angesichts irgendwelcher gerade aktueller Katastrophen vollmundig in die Fernsehkameras hinein versprechen.
Von bisher einzigartiger Kreativität und beispiellosem Zynismus ist allerdings Spindeleggers Vorschlag, wie Österreich die paktierten UNO-Ziele bei der Entwicklungszusammenarbeit doch noch schaffen könnte: Die reichen Stiftungen sollten als private Spender die fehlenden Millionen aufbringen.
Wenn diese Aussage schwarzer Humor sein hat sollen, dann ist Spindelegger ein famoser Witzeerzähler. Er verzog bei seinem Stiftungen-Sager keine Miene und hat wirklich kein bisschen gelacht.