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Dienstag, 16. März 2010

Deutschland deportiert Roma ins Kosovo-Elend

Nachts um drei kommt die Fremdenpolizei! Und genau um diese "Tageszeit" schreibe ich jetzt diese Kolumne. Es ist nicht das erstemal in meiner jahrzehntelangen Journalistentätigkeit, dass ich um diese unchristliche Zeit meine Kolumne schreibe. Aber es ist das erste Mal, dass ich es deshalb tue, weil ich vor lauter ohnmächtiger Wut im Bauch nicht schlafen kann. Die Ursache dafür ist ein TV-Bericht im ZDF-Infokanal über in Deutschland geborene und aufgewachsene Roma-Frauen, -Kinder und -Jugendliche, die seit ihrer Abschiebung in den Kosovo dort in unbeschreiblichem Elend dahinvegetieren.
Der erschütternde Beitrag - er wird übrigens unter anderem am 18. März um 9 Uhr 15 und um 16 Uhr 15 sowie am 19. um Mitternacht wiederholt - zeigt, wie eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind in einer fensterglaslosen Bruchbude ohne Holz für den Ofen, ohne ausreichend Geld für Nahrungsmittel, ohne Warmwasser und ohne ärztliche Betreuung ums nackte Überleben kämpft. Ihre größte Sorge formuliert sie in akzentfreiem Deutsch: "Dass nur mein Kind nicht krank wird!"
So viel Hoffnungslosigkeit habe ich selten in einem Fernsehbericht erlebt. Darin kommt auch noch ein jugendliches Brüderpaar vor, das unter ähnlich desolaten Bedingungen samt Behelfsklo im Freien "lebt". Einer der beiden, in Deutschland aus einer Lehre herausgerissen, hat schon versucht, sich das Leben zu nehmen. Und eine ganze Roma-Familie mit herzkranker Mutter und kleinen Kindern ist zu sehen, die in einem Flüchtlingslager in Bretterverschlägen hausen. Das Schlimmste: Dieses Lager steht auf der Abraumhalde eines Bleibergwerkes! Die Bewohner müssten dringend entgiftet werden, sagt ein Flüchtlingsbetreuer. Einige seien schon am Bleistaub gestorben.
Allen diesen von der deutschen Regierung ins Elend abgeschobenen Flüchtlingen ist gemeinsam: Sie gehören der Volksgruppe der Roma an, werden von der eingesessenen Bevölkerung des Kosovo gehasst und von den Behörden des selber armen jungen Staates ihrem Schicksal überlassen. Und vor allem: Sie haben vorher bis zu 20 Jahre lang in Deutschland ein normales Leben mit Schule, Arbeits- oder Lehrplatz, mitteleuropäischen Standards bei Wohnung und Gesundheitsversorgung geführt, bis eben nachts um drei die Beamten der Abschiebebrigade plötzlich in der Wohnung standen und ihnen eine halbe Stunde Zeit zum Packen gaben. Und dann ab ins Flugzeug nach Pristina!
Vielleicht ist es das, weshalb dieses Elend unsereinen so betroffen macht: Diese Menschen haben ein Leben geführt wie wir selber, ehe sie von einem Tag auf den anderen ins völlige Elend katapultiert wurden, dem sie nun fassungslos gegenüberstehen. Die meisten können nicht einmal die Landessprache.
Alles ist natürlich völlig legal. Zehn Jahre nach Ende des Krieges im Kosovo hat Deutschland mit der dortigen Regierung ein Rücknahmeabkommen für die rund 14.000 Kriegsflüchtlinge geschlossen. Die deutsche Behörde sieht - ausdrücklich und schriftlich - soziale Überlegungen der Abschiebung nicht im Wege stehen. Die Fremdenpolizei kommt dennoch lieber nachts. Das vermeidet Aufsehen bei der übrigen Bevölkerung - und soll vielleicht auch Deutschlands wiederhergestelltes Image vor unliebsamen Erinnerungen an die NS-Zeit schützen. Auch damals war die menschenverachtende Deportation von Zigeunern gesetzeskonform.

Montag, 15. März 2010

Auch später Mut zur Wahrheit zahlt sich aus!

Eine Woche vor den steirischen Gemeinderatswahlen wurde in Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg gewählt. Dabei gewann die ÖVP, die SPÖ bezog einmal mehr Prügel.
Nun ist schon wahr, dass bei Gemeinderatswahlen in erster Linie lokale Themen und Personen fürs Stimmverhalten ausschlaggebend sind. Nicht überall haben aber rote Bürgermeister so schlecht und schwarze so gut regiert, dass sich allein daraus ein durchgängiger Trend in drei Bundesländern erklären ließe. Da dürfte doch auch die Bundespolitik hineingespielt haben.
Dort waren die letzten Tage vor der Wahl von Aussagen zum Thema Budgetsanierung geprägt. Spät, aber doch, rückte Finanzminister Josef Pröll stückerlweise mit der Wahrheit heraus, was künftige Belastungen der Bürger zwecks Schuldenabbau betrifft. Während Bundeskanzler Werner Faymann noch immer schönfärberische Phrasen drosch, servierte der Säckelwart erste harte Fakten: 60 Prozent Einsparungen und 40 Prozent zusätzliche Einnahmen! Dazu eine Änderung des Steuersystems in Richtung mehr Ökologie. Neben der Bankensteuer, die letztlich die Kunden zahlen, ist auch eine höhere Mineralölsteuer kein Tabu mehr. Und die Nikotiniker sind es ohnehin gewöhnt, immer wieder gerupft und geprügelt zu werden.
Pröll hat auch schlüssig und entschlossen erklärt, warum das Dogma "Keine zusätzliche Steuerbelastung in dieser Legislaturperiode" wegen der Weltwirtschaftskrise nicht mehr zu halten war. Das explodierende Bugdetdefizit nur kommenden Generationen zur Sanierung zu überlassen, wäre feig und verantwortungslos gewesen. Und geglaubt hat das Versprechen der Koalition eh schon lange keiner mehr. Es war offensichtlich, dass man sich mit der Geheimniskrämerei nur über die herbstlichen Landtagswahlen drüberschwindeln wollte, ehe die "Grauslichkeiten" offenbar werden sollten.
Ich glaube, es war dieser - späte, aber letztlich doch erfolgte - Auftritt des Finanzministers, der mutig und entschlossen unbequeme Wahrheiten präsentierte, was viele Wähler für die ÖVP stimmen ließ. Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar - zumindest den meisten. Das sollte die hohe Politik endlich kapieren und danach handeln.
Nun weiß der gelernte Österreicher, dass "Einsparungen bei Staatsausgaben" letztlich in überwiegendem Ausmaß ebenfalls Belastungen fürs Volk bedeuten. Wir dürfen also annehmen, dass zu den 40 % aus Steuererhöhungen bzw. neuen Steuern mindestens noch einmal so viel an nicht ausgezahlten Leistungen des Staates für seine Bürger dazukommen. 20 Prozentpunkte als Dividende einer Verwaltungsreform zu erhoffen, ist eh schon hoffnungslos optimistisch!
Dabei könnte eine grundlegende Reform von Staat, Ländern und Gemeinden in Österreich wirklich viel öffentliches Geld einsparen. Man müsste nur die alte Faustregel "Wer zahlt, schafft an!" als Umkehrschluss
zur obersten Devise erklären: "Wer anschafft, zahlt!"
Solange aber der Bund die Landeslehrer finanziert, die Gemeinden vom Land die Kosten der Altenpflege umgehängt bekommen und dergleichen Beispiele mehr, wird sich nicht wirklich viel einsparen lassen. Denn mit fremdem Geld lebt sich's halt immer lockerer als mit dem eigen.

Sonntag, 7. März 2010

Gegen Regen am Sonntag

Island wird seine Schulden vorerst doch nicht zurückzahlen. Die Regierung hat es zwar versprochen, doch das Volk sagte Nein! Eine Volksabstimmung ergab 90 Prozent gegen die staatliche Wiedergutmachung für das von isländischen Banken verzockte Geld europäischer Anleger. Eine Abstimmung gegen Regen am Sonntag wäre nicht anders ausgegangen!
Am selben Wochenende stimmten auch die Schweizer wieder einmal ab. Hier ging es um die Verzinsung der Betriebspensionen, in der Schweiz eine wichtige Säule der Altersvorsorge. Auch diese Abstimmung ging daneben. Das Volk wollte nicht zwecks Sicherung der Pensionen künftiger Generationen jetzt geringfügige Einbußen in Kauf nehmen.
Erst vor ein paar Monaten war in der Schweiz in einer von Rechtspopulisten angezettelten Volksabstimmung ein generelles Bauverbot für Minarette verhängt worden. Speziell in Arabien führte das zu schweren diplomatischen Zerwürfnissen und zu massiven Schäden für die Schweizer Wirtschaft
.
Nun wurde uns die Schweiz immer als ein Musterland der Demokratie vor die Nase gehalten. Die Bürger seien dort so verantwortungsbewusst, dass auch unpopuläre Themen per direktem Volksentscheid zu vernünftigen Beschlüssen führten. Das hat auch bis vor kurzem wirklich funktioniert.
Die jüngste Vergangenheit lässt aber befürchten, dass die direkte Demokratie nun auch in der Schweiz an ihre Grenzen stößt. Zu sehr geht die "mündige" Schweizer Bürgerschaft neuerdings Populisten auf den Leim.
Vor diesem Hintergrund, einer zumindest europaweiten Zunahme populistischer Politik, erscheinen die ständigen Forderungen der FPÖ nach mehr Volksabstimmungen in Österreich gefährlich. Schließlich kann man den mehrheitlich an Politik nicht interessierten Österreichern und Österreicherinnen schwerlich mehr politische Reife zutrauen als den Schweizern.
In diesem Lichte betrachtet, ist das peinliche Gezerre um Barbara Rosenkranz, die extrem rechte Präsidentschaftskandidatin von FPÖ und Kronenzeitung, ein klares Plädoyer für die Abschaffung der Volkswahl für den Bundespräsidenten. Eine Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung würde zwar nicht mehr die breitestmögliche Legitimatiion des höchsten Staatsrepräsentanten erbringen. Dafür wäre uns aber Frau Rosenkranz erspart geblieben - und Dichand und Strache das Zurückrudern.