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Montag, 13. September 2010

Vermuten wir's halt!

"Es gilt die Unschuldsvermutung", lesen wir bald schon in jeder zweiten Geschichte über aktive oder gewesene Politiker, Bankmanager oder sonstige Zeitgenossen an den Hebeln der Macht. Besonders oft hatte in letzter Zeit die Unschuldsvermutung beim früheren Finanzminister Karlheinz Grasser und seinen Freunden zu gelten.
Spät, aber doch, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen Grasser unter anderem wegen des Verdachtes der Untreue im Zusammenhang mit der Buwog-Privatisierung und der unter dem Spitznamen "Lex Novomatic" bekannt gewordenen Änderung des Glücksspielgesetzes. Natürlich gilt auch meinerseits - ganz hochoffiziell - für Grasser die Unschuldsvermutung.
Karlheinz Grasser wird vielleicht angeklagt, möglicherweise, wenn sich genug Beweise finden, sogar verurteilt werden. Oder aber er wird gar nicht vor Gericht müssen oder freigesprochen, weil sich der Verdacht nicht erhärten lässt. Das wird die Zukunft zeigen.
So oder so wird der "Vater des Nulldefizits" - das auch getrickst war - in Erinnerung bleiben als Musterbeispiel eines Politikers, der mehrmals am Rande der Legalität agiert hat. Seine von der Industriellenvereinigung gesponserte maßlos überteuerte Homepage oder das geschenkte Upgrading seines privaten Flugtickets sind noch in Erinnerung.
Abseits der Frage juristisch nachweisbarer Schuld und abseits der konkreten Causa Grasser stellt sich für mich eine andere Frage: "Darf ein Politiker Dinge tun, die gerade noch nicht kriminell sind?" Oder ist er nicht schon mehr als rücktrittsreif, wenn für ihn - aus medienrechtlichem Selbstschutz der Journalisten - die Unschuldsvermutung zu gelten hat?