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Donnerstag, 13. Mai 2010

Verzockte Zukunft

Unvorstellbare 750 Milliarden Euro, großteils in Form von Haftungsübernahmen für Kredite, haben Europas Regierungschefs gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds buchstäblich über Nacht aufgestellt, um den Großangriff der Spekulanten auf den Euro abzuwehren. Auf Österreich entfallen davon 12,5 Milliarden.
Kein Mensch kann sich so viel Geld wirklich vorstellen, auch nicht, wenn man es in irgendwelche vorstellbare Dinge umrechnet. Wer kann sich schon 50.000 schmucke neue Einfamilienhäuser inklusive je einem neuen Mercedes in der Garage vorstellen?
Dabei ist Österreichs Beitrag zur europäischen Feuerwehraktion noch um rund ein Drittel geringer als jene Wahnsinnssumme, die allein das Bundesland Kärnten unter Landeshauptmann Jörg Haider leichtfertig an Haftungen für die Hypo Alpe-Adria übernommen hat. Umso frivoler mutet nun der wütende Protest von FPÖ und BZÖ gegen Österreichs Teilnahme am gesamteuropäischen Schulterschluss an. Aber deren Klientel kümmern Fakten ja bekanntlich wenig.
Natürlich haben wir das Geld nicht, für das wir als Republik Österreich jetzt gutstehen. Nicht hatten wir ja auch schon die 2,3 Milliarden Euro für die Griechenland-Hilfe und die 100 Milliarden für das Bankenhilfspaket. Aber dennoch war es gut und richtig, weil schlicht und einfach notwendig, aus der Situation heraus rasch die Staatshaftung für diese astronomischen Beträge zu übernehmen, um noch weitaus größeren Schaden für uns alle zu verhindern.
Solidarität ist ja nicht reine Nächstenliebe. Sie gleicht eher einer Versicherung auf Gegenseitigkeit, gepaart mit vorausschauender Risikoabwägung.
Gebot der Stunde ist klarerweise jetzt, die neuen Schulden wieder in den Griff zu kriegen und auch die alten abzutragen, ohne die langsam wieder keimende Konjunktur abzuwürgen. Dies ohne nennenswerte negative Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Massenkaufkraft zu schaffen, ist eine Kunst, die ich der gegenwärtigen Politikergeneration allerdings nicht zutraue. Da ist Beamtengewerkschafter Neugebauer mit seinem schon vorsorglich abgesonderten Veto gegen das Sparen im öffentlichen Dienst bloß die Spitze des Eisberges.
Die hohe Politik übt sich derweil in in Feigheit vor dem Volk und Schuldzuweisungen für das Währungsdesaster: Die bösen Spekulanten sind an dem Schlamassel schuld!
Doch der Volksmund hat auch hier wieder recht: Wer mit dem Finger auf jemand anderen zeigt, auf den zeigen drei Finger der selben Hand zurück!
Spekulanten nützen für ihre Wetten vorhandene Gegebenheiten - und können damit kurzfristig auch selber Trends verstärken.
Das gilt natürlich auch für die weniger geächtete Kategorie von Spekulanten, die institutionellen Anleger. Pensionsfonds, Versicherungen und Banken veranlagen riesige Finanzvermögen ja auch in Wertpapieren. Wenn sie ein Risiko aufkeimen sehen und ihre Veranlagungen plötzlich abziehen, beeinflussen sie ebenso den Kurswert von Börsentiteln wie die geschmähten Manager von Hedgefonds mit ihren noch immer nicht verbotenen Leerverkaufsattacken.
Wenn ganze Volkswirtschaften jahrzehntelang über ihre Verhältnisse leben, so als gäbe es kein Morgen, dann haben Spekulanten leichtes Spiel. Schuld an der Misere sind also wieder Europas Politiker - und letzten Endes wir Wähler, weil wir die Wahlzuckerlverteiler nicht rechtzeitig aus dem Amt gejagt haben. Und so verzocken wir gemeinsam die Zukunft unserer Kinder!

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